Seine matt-weiße Haut ist uns schon in der U-Bahn aufgefallen. Jetzt schlurft er mühsam vor uns durch die Ticketkontrolle der Buchmesse Frankfurt. Sein linkes Bein zieht er hinter sich her, als wären jegliche Muskeln und Sehnen außer Betrieb. Er scheint meinen Blick zu spüren und dreht sich unvermittelt um. Seine blutunterlaufenen Augen lassen mich erschaudern. Warum zieht die Buchmesse so komische Gestalten an? Wir werden es später noch erfahren.
Als wir die erste Messehalle betreten, bleibt unser Blick an einem Schild mit dem Titel Self-Publishing-Area hängen. Genau unser Ding, denke ich überrascht. Interessiert verfolgen wir eine Podiumsdiskussion, in der das Self-Publishing den klassischen Verlagen gegenübergestellt wird. Die Experten sind sich einig, dass beide Ansätze nebeneinander existieren werden. Wir fühlen uns weiterhin von den Vorzügen des Selbstverlags angesprochen, da wir ein authentisches und ehrliches Buch herausbringen wollen. Doch wie schaffen wir es, dieses in Eigenregie herauszubringen?
Glücklicherweise ist der Buchdruck und -vertrieb in den letzten Jahren deutlich einfacher geworden. Das Zauberwort lautet hier Print-on-demand. Statt eine Erstauflage von mehreren hundert Stück vorfinanzieren zu müssen, wird das Buch heutzutage erst auf Bestellung gedruckt. Verschiedene Dienstleister kümmern sich darum, dass das Werk über die gängigsten Plattformen wie Amazon, Google Books usw. verfügbar ist – sowohl als eBook als auch in gedruckter Form.
Nach einem motivierenden Informationsaustausch zieht es uns natürlich in den Bereich Touristik & Reisen. Am Stand des Reise-Know-How-Verlages schaue ich mich suchend um. Ihr Sprachführer Indonesisch war während der Reise mein allgegenwärtiger Lehrer. Auf Bali mieteten wir für drei Wochen ein Apartment, das zufällig der Autorin des Sprachführers gehört. Leider war sie in dieser Zeit nicht anwesend. Habe ich eine neue Chance in Frankfurt? Tatsächlich! Fr. Urban sieht genauso freundlich aus wie auf der Buchrückseite und freut sich über unsere Berichte aus Bali. Wir unterhalten uns lange und tiefsinnig über das Reisen, das Heimkommen und unser Projekt Reisefiebär. Vielleicht ergibt sich daraus sogar eine Kooperation?
Als wir aus der Halle in den Innenhof treten, werden wir von einer Horde Spartaner umgerannt. Ihre Nacktheit wird nur durch einen braunen Schlüpfer verdeckt. Samtrote Umhänge flattern über ihren Schultern. Metalle Schilder werden stoßweise in die Luft gehoben, während ihr Kampfschrei durch den Hof hallt. Was ist hier los? Im Hintergrund springen drei japanische Schulmädchen in die Luft, ihre Haare leuchten in den künstlichsten Farben. Plötzlich erblicke ich auch unseren Zombie vom Eingangstor wieder. Er hat sich zu einem Massenmörder gesellt, der sich hinter einem Kartoffelsack versteckt.
Fasziniert schlendern wir zum Asia-Imbiss und werden dort von unseren Tischnachbarn aufgeklärt: Wer verkleidet zur Buchmesse kommt, darf umsonst rein. Was für eine irre Idee! Wir bekommen noch den Tipp, dass sich die Fabelwesen und sonstigen Fantasyfiguren in einem kleinen Parkabschnitt sammeln. In dieser skurrilen Atmosphäre lassen wir unseren Tag auf der Buchmesse ausklingen. Es war in jeglicher Hinsicht ein Erfolg. Nächstes Jahr kommen wir wieder. Mit unserem eigenen Buch. Und natürlich verkleidet.